
ESG – geheimnisvolles Akronym, echte Herausforderungen oder… warum es für Unternehmen und die Umwelt so wichtig ist
Ein Interview mit Ewa Wesoły-Jakubczyk, Sustainability Managerin bei Etisoft
– Lassen Sie uns das Akronym ESG entschlüsseln, das untrennbar mit Nachhaltigkeit verbunden ist – einem Bereich, für den Sie bei Etisoft verantwortlich sind.

Natürlich steht ESG für:
- E (Environmental) – Umwelt: Das umfasst die Bemühungen eines Unternehmens zum Umweltschutz, wie CO₂-Reduktion, Energieeffizienz, Abfallmanagement und den Schutz der Biodiversität.
- S (Social) – Soziales: Hier geht es um den Umgang des Unternehmens mit seinen Mitarbeitern, den Schutz der Menschenrechte, Gleichstellung der Geschlechter und Arbeitssicherheit. Dazu gehören auch Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und lokalen Gemeinschaften.
- G (Governance) – Unternehmensführung: Dies umfasst das Management, die Geschäftsethik, finanzielle Transparenz, die Struktur des Vorstands und Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung. Ebenso gehören dazu Informationssicherheit, Vergütungspolitik, Risikomanagement und freiwilliges Engagement für lokale Gemeinschaften.
Das Bewusstsein für Umwelt- und Sozialthemen in der Gesellschaft wächst. Unternehmen erkennen zunehmend, dass sie sich nicht nur auf Gewinnmaximierung konzentrieren können. Sie müssen ihren ökologischen Fußabdruck sowie ihre Unternehmensführung verantwortungsvoll steuern – das erwarten wir als Verbraucher.
Lange Zeit waren solche Maßnahmen freiwillig, was oft zu Inkonsequenz oder gar zur Vermeidung von Verpflichtungen führte. Mit der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und den ESRS (European Sustainability Reporting Standards) hat sich das geändert. Diese Richtlinie verpflichtet alle Länder, langfristige Strategien zur Reduzierung von Treibhausgasen zu entwickeln – mit dem Ziel, den Klimawandel einzudämmen und die Erderwärmung zu stoppen. Bis 2050 soll ein Gleichgewicht der Emissionen erreicht und die Welt klimaneutral werden. In der Praxis bedeutet dies den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und den Umstieg auf nachhaltige Energiequellen.
Die Unterzeichner des Abkommens haben sich zudem auf weitere Ziele verständigt (z. B. Verbesserung der Lebensqualität und Förderung der Geschlechtergerechtigkeit). Diese sind an konkrete Fristen gebunden, weshalb Maßnahmen nun beschleunigt werden.
– Bei Etisoft füllen wir bereits ESG-Fragebögen für Kunden aus und bereiten uns auf die EU-Berichtspflicht vor. Wie gut sind wir darauf vorbereitet?
Eine effektive ESG-Berichterstattung erfordert eine strategische Herangehensweise. Es geht nicht nur darum, formale Anforderungen zu erfüllen, sondern wertvolle Informationen bereitzustellen, die Finanzentscheidungen beeinflussen. Der Prozess beginnt mit einer Analyse der „doppelten Wesentlichkeit“, um die wichtigsten ESG-Aspekte für das Unternehmen und seine Stakeholder zu identifizieren. Zudem müssen Lücken und Verbesserungsbereiche erkannt werden.
Die Daten in den Berichten müssen transparent, konsistent, messbar, vergleichbar und überprüfbar sein. Wir sammeln bereits viele Informationen, etwa zu Energieverbrauch, Wasserverbrauch und Abfallmanagement. Seit zwei Jahren überwachen wir zudem unsere CO₂-Emissionen, auch wenn bisher nur in grundlegenden Bereichen. Ein Beispiel für unsere Bemühungen ist die schrittweise Umstellung unseres Fuhrparks auf Hybridfahrzeuge.
Unsere Daten melden wir auf der Ecovadis-Plattform, einer Rating-Agentur, die Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Arbeitnehmerrechte, Ethik, Beschaffung und Menschenrechte bewertet. Etisoft hat die Bronze-Medaille von Ecovadis erhalten und gehört damit zu den 72 % der bestbewerteten Unternehmen – ein sehr gutes Ergebnis.
Der EU-Nachhaltigkeitsbericht umfasst über 1.200 detaillierte Fragen, die mit konkreten Daten und Zielen zur Verbesserung beantwortet werden müssen. Der größte Fokus liegt dabei auf der Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die in CO₂-Äquivalente umgerechnet werden, um Vergleiche zu erleichtern.
– Es liegt noch viel Arbeit vor uns, vor allem weil die Berichterstattung auch die Einbindung von Stakeholdern, die Sensibilisierung der Mitarbeiter und die Integration in bestehende Prozesse erfordert. Gibt es noch Unsicherheiten?
Ja, das ist richtig. Wie bei allen neuen Regelungen werden sich Vorschriften und Leitlinien weiterentwickeln. Die Prüfer, die diese Berichte bewerten, werden Wirtschaftsprüfer sein, die ebenfalls erst Erfahrung in diesem Bereich sammeln. Die Anforderungen sind hoch, aber ich bin optimistisch. ESG-Daten könnten für das Unternehmen nicht nur neue Marktchancen aufzeigen, sondern auch potenzielle Risiken identifizieren.
Persönlich bin ich Idealistin und glaube daran, dass die Welt ein besserer Ort sein kann. In meinem nächsten Leben werde ich vermutlich Müll aus den Meeren und Ozeanen fischen. Für den Moment setze ich auf kleine, bewusste Entscheidungen: Ich trenne Müll, kaufe keine Kleidung aus Impuls und verwende Plastikverpackungen von Käse als kleine Aufbewahrungsboxen weiter.
– Vielen Dank für das Gespräch.